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Nachrichten aus Blickpunkt: Moderne Frauen

Starke Frauen der Region – Im Interview mit Winzerin Franziska Schätzle

Geballte Frauenpower aus Baden

Wein ist mehr als ein guter Tropfen in der Flasche: Wein ist Kultur und der Beruf des Winzers vielfältig und besonders.

Er pflanzt und pflegt die Weinstöcke, erntet die Trauben und verarbeitet sie zu Wein oder Sekt. Er übernimmt die Vermarktung und beherrscht den Spagat zwischen Moderne und Tradition – seit Jahrhunderten. Im Moment erfährt die Branche eine Verjüngungskur, und auch immer mehr Winzerinnen bereichern die Weinwelt.

Winzerin Franziska Schätzle vom Weinweingut Schätzle

Winzerin Franziska Schätzle, die unsere Serie „Geballte Frauenpower aus Baden "erweitert, ist eine von ihnen. Auf dem Familienweingut Schätzle im idyllischen Vogtsburg-Schelingen kann man der sympathischen jungen Frau einen Besuch abstatten und einen der leckeren Weine verkosten. Wie wäre es mit einer Reise in den Kaiserstuhl?

In unserer Rubrik „Starke Frauen der Region“ steht die  Winzerin Franziska Schätzle vom Weinweingut Schätzle Rede und Antwort.
Wir bekommen Einblicke in ihre Arbeit auf dem Weingut und die ganz persönlichen Einstellungen der echten Kaiserstühlerin zum Wein und zum Leben.Der Kaiserstuhl ist die Sonnenterrasse zwischen Schwarzwald und Rhein: Hier kann man auf eine beeindruckende Geschichte in Sachen Wein zurückblicken. Die Region ist weithin bekannt für ihre Gaumenfreuden und Naturerlebnisse. In Schelingen, inmitten des Kaiserstuhls, führt Franziska Schätzle mit ihrer Familie das Familienweingut Schätzle. Bis hinein ins 17.Jahrhundert reichen die Wurzeln der Winzerfamilie in dieser besonderen Kulturlandschaft, dem Kaiserstuhl. Mit Stolz und Leidenschaft bewirtschaftet sie zusammen mit ihrer Familie, einen Großteil der kleinen Vulkanterrassen im Filet-Stück der Schelinger Weinberge, dem ursprünglichen Kirchberg. Hier realisiert die Jungwinzerin ihren Anspruch von Qualität und hat sich mit einem klaren Qualitätsfokus unter den Top-Winzern am Kaiserstuhl etabliert. Seit 2013 leitet sie zusammen mit ihrem Vater Thomas Schätzle den Familienbetrieb in Schelingen. Ihr Studium von Weinbau und Önologie absolvierte die Powerfrau in Geisenheim und Dijon. Erfahrung in Sachen Wein sammelte Franziska Schätzle unter anderem in Neuseeland, in Spanien als Kellermeisterin im Weingut Ossian, Bordeaux und Burgund.2009 wurde sie als erste Frau vom DLG zur Jungwinzerin des Jahres gewählt. Burgunder-Weine sind ihre Leidenschaft.

Weinweingut Schätzle

Wir haben Franziska Schätzle vom Familienweingut Schätzle Fragen zu Wein, und zu ihrem Leben als Winzerin gestellt. Lesen sie selbst und bekommen Sie ganz persönliche Einblicke in ihre Welt zwischen Rebstock, Burgunder und Vulkangestein.

Warum sind Sie Winzerin geworden?

Franziska Schätzle: Die Leidenschaft zum Wein steckt tief in der DNA unserer Familie. Seit dem 17 Jhd. sind die Schätzles im Kaiserstuhl als Winzer tätig. Ich habe mich schon im Kindesalter für alle Aufgaben in unserem Familienweingut interessiert und meine ersten Ferienjobs in den Reben übernommen. Es gibt für mich keinen attraktiveren Beruf, der Natur, Geselligkeit und Genuss miteinander verbindet. Noch immer erfüllt es mich mit Stolz, wenn man eine gute Flasche Wein mit lieben Menschen genießt und weiß, welche vielen Kleinigkeiten das Jahr hindurch und manchmal noch länger zu diesem großartigen Ergebnis geführt haben.

Ist das Winzertum eine Männerdomäne oder warum gibt ihrer Meinung nach es so wenige Winzerinnen?

Franziska Schätzle: Während meiner Studienzeit (Anfang der 2000er) waren die Damen an der Hochschule für Weinbau & Önologie noch deutlich in der Unterzahl. Dies hat sich stark gewandelt und heute gibt es Studiengänge rund um den Wein, in denen der Frauenanteil überwiegt. Gerade auch in der Wahrnehmung wandelt sich das Bild aktuell sehr stark, da jetzt eine Generation ans Ruder kommt, die international ausgebildet ist, weltoffen und unkonventionell. Der technische Fortschritt wird sicherlich dazu führen, dass Frauen sämtliche Tätigkeiten in Zukunft auch in der Landwirtschaft und dem Weinbau übernehmen können.

Haben Sie einen Tipp für andere Frauen in Familienunternehmen?

Franziska Schätzle: Das Wichtigste aus meiner Sicht ist eine gute Ausbildung und Erfahrung außerhalb des eigenen Betriebes zu sammeln, damit man bei der Rückkehr und Übernahme von Führungsverantwortung gut gerüstet ist. Das gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Extrem wertvoll sind die Netzwerke, die dadurch entstehen und die man unbedingt pflegen sollte. Frauen dürfen dann auch gerne selbstbewusst auftreten und ihre Stärken für ihre Ziele einsetzen.

Schauen wir einmal hinter die Kulissen ihres Weingutes. In vielen Familienunternehmen findet ein Generationswechsel statt. War dies auch eine Herausforderung beim Familienweingut Schätzle? Wie sind die Rollen verteilt und muss man auch manchmal mit Traditionen brechen?

Franziska Schätzle: Ein Wechsel der Führung eines Unternehmens ist immer eine Herausforderung und Chance zugleich. Dass ich einmal die Nachfolge antreten werde, war schon früh für mich, meine Geschwister, meine Eltern und unsere Mitarbeiter klar. Daher sind wir den Prozess auch stets mit offenen Karten angegangen und haben die damit verbundenen Fragestellungen immer im familiären Umfeld offen diskutiert. Hilfreich ist dabei, dass vor allem mein Vater und ich uns in der Sache, Jahr für Jahr Top-Weine zu produzieren, stets einig sind. Gerungen wird manchmal eher um den Weg, wie wir dies erreichen. Dabei ist es hilfreich, seine Wurzeln zu kennen, aber auch immer den Blick nach vorne zu richten und ab und an auch in die Ferne schweifen lassen.

Thomas Friederike Franziska Schätzle

Was ist das Besondere an Ihrem Weingut und was ist Ihre Weingutsphilosophie ?

Franziska Schätzle: Wir sind bodenständige Kaiserstühler, die diesen Charakter und die damit verbundene Leidenschaft in unseren Weinen schmeckbar machen wollen. Dabei bietet uns das Kaiserstühler Vulkangestein gerade hier im Zentrum des kleinen Gebirges die optimale Voraussetzung für eigenständige Weine. Mit einer auf Natürlichkeit reduzierten Bewirtschaftungsform rücken wir auch den Boden und das Bodenleben in den Fokus. Daraus sind mittlerweile Weine entstanden, die ihre Herkunft und die Unterschiede der einzelnen Lagen sehr eindrücklich zeigen.

Was ist das konkrete Resultat bei Ihren Weinen des Jahrgangs 2020, auf welchen Wein sind Sie ganz besonders stolz und was bedeutet Wein für Sie?

Franziska Schätzle: 2020 steckt noch in den Kinderschuhen und ist noch nicht in Flaschen gefüllt. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Weine eine sehr feine Art haben, die die Hitze des Jahrgangs nicht unbedingt spiegelt. Die Weine werden ausdrucksstark, fein aromatisch mit einer geschmackvollen Länge – genauso, wie wir dies möchten: als perfekte Essensbegleiter. Denn für mich ist Wein Kulturgut, das glückliche Menschen, gutes Essen und einen gesunden Lebensstil verbindet.

Einige Experten sagen, deutsche Weine sind die Gewinner des Klimawandels. Schließlich führen höhere Temperaturen zu einem höheren Reifegrad der Trauben, was letztlich die Weinqualität verbessere. Stimmen Sie hier zu? Welchen Weinstil streben Sie an?

Franziska Schätzle: Deutsche Weine haben in der Breite einen deutlichen Qualitätssprung gemacht. Insbesondere die verbesserte Ausbildung und die Möglichkeit international Erfahrung zu sammeln, haben zu einem qualitätsorientierten Denken beim Gros der Branche geführt. Dabei waren die steigenden Temperaturen auch hilfreich, aber nicht allein ausschlaggebend. Hier am und im Kaiserstuhl müssen wir uns jetzt allerdings auch Gedanken über den Wasser-haushalt machen, um nicht zu viel wertvolles Trinkwasser für die Rebenversorgung zu verwenden. Der Klimawandel stellt auch den Weinbau vor Heraus-forderungen, die in meinen Augen nur durch den Fokus auf den Weinberg und insbesondere das Bodenleben sinnvoll gemeistert werden können. Wenn dies in der Balance ist, dann erhalten wir gesunde, inhaltsreiche Trauben, die wir dann als Önologen behutsam in die Flasche begleiten ohne den natürlichen Charakter zu verfälschen.

Haben Sie eine Lieblingsrebsorte?

Franziska Schätzle: Als Mutter sehe ich unsere Weine quasi wie Kinder – und ein Lieblingskind hat man schließlich auch nicht, oder? Unbestritten ist aber, dass ich ein Spätburgunder-Fan bin, denn für mich ist diese Rebsorte eigenständig, anspruchsvoll und charaktervoll wie keine zweite.

Wie setzen Sie das Thema Nachhaltigkeit in ihrem Betrieb um?

Franziska Schätzle: Als Familienbetrieb mit vier Generationen auf dem Hof steht nachhaltiges Wirtschaften für uns an oberster Stelle. Auch unsere Kinder sollen einmal gesunde Böden und eine gesunde Unternehmensstruktur vorfinden, die es ihnen ermöglicht, auch auf lange Sicht gute Weine zu produzieren. So verstehen wir Nachhaltigkeit als kontinuierlichen Prozess in allen Bereichen unseres Unternehmens. An dieser Stelle nenne ich ein paar Schlaglichter: Wir bilden seit Weingutsbestehen junge Menschen als Winzer aus und geben unser Wissen weiter. Wir bewirtschaften unsere Weinberge ohne synthetische Dünger, erzeugen eigenen Kompost, verwenden Heu aus den umliegenden Naturschutzgebieten und engagieren uns als Pflegeauftragnehmer für den Erhalt der einzigartigen Arten-vielfalt rund um den Schelinger Kirchberg und Badberg. Durch die Verwendung von Bodenaktivatoren, artenreichen Einsaaten oder natürlichen Substanzen wie Zinnkraut bewältigen wir unseren Pflanzenschutz mit 70% weniger Chemie als in anderen Anbausystemen empfohlen. Zu guter Letzt ist für uns eine Lieferkette der kurzen Wege sehr wichtig.

Durch die Corona-Pandemie drohen auch in ihrer Branche Umsatzeinbrüche. Waren Sie bisher selbst in ihrer Arbeit von der Corona-Krise betroffen?

Franziska Schätzle: Leider leben auch wir nicht auf einer Insel der Glückseligen, auch wenn im Kaiserstuhl die Dinge meist nicht so schlimm sind und man durch die schöne Kulturlandschaft abgelenkt wird. Zum Glück arbeiten Winzer viel an der frischen Luft und auch unser Keller ist groß genug, so dass wir  in der Produktion nahezu keine Einschränkungen hinnehmen mussten. Als saisonale Aushilfskräfte kamen im letzten Jahr regelmäßig Mitarbeiter und Azubis unserer Gastronomie-Kunden. Das war eine ganz besondere Bereicherung für uns und eine willkommene Abwechslung für die Gastro-Mitarbeiter. Wir sind dankbar, dass wir einen sehr guten und treuen Privatkundenstamm haben und schon vor vielen Jahren einen modernen Onlineshop eröffnet haben. So mussten wir unsere Kommunikation und die Veranstaltungskonzepte mehrfach anpassen, sind aber allem in allem gut durch diese verrückte Zeit bisher gekommen. Können Sie eine Lanze brechen, damit mehr private Menschen direkt beim Winzer kaufen und wie tastet man sich am besten ran, wenn man kein Weinkenner ist?

Welchen Ihrer Weine würden Sie jemandem empfehlen, der Ihr Weingut noch nicht kennt – sozusagen als Einstieg?

Franziska Schätzle: Durch moderne Onlineshops, einladende Vinotheken und auch gut sortierte Wein-Fachgeschäfte bekommt man auf vielen Kanälen Zugang zu sehr guten Weinen direkt vom Erzeuger. Der Einkauf vor Ort hat zudem den Charme, dass Sie im Weingut genau die Menschen treffen, die zu 100% hinter den Produkten stehen und die Weine mit ihren Geschichten erst richtig lebendig machen. Dadurch entfaltet sich ein Geschmackserlebnis, das ein Supermarktregal niemals bieten kann. Meine Erfahrung zeigt, dass jeder seine Vorlieben in Sachen Wein beschreiben kann. Oftmals wird dies verwechselt mit dem Beherrschen der Fachsprache, wie sie von Sommeliers verwendet wird. Diese ist nicht nötig, um den für sich passenden Wein zu finden. Und schlussendlich ist doch gerade das (Aus-) Probieren das schönste am Wein…
In unserem Sortiment bietet die Linie „Schatz vom Vulkan“ sehr viel Geschmack und Weine, die den Charakter der Vulkanterrassen auf komplexe Weise zeigen und zugleich hervorragende Essensbegleiter sind. Wer etwas frischer und eleganter mag, dem seien unsere Schelinger Ortsweine empfohlen, die ein Spiegelbild der höchsten Lage des Kaiserstuhles sind.

Wo beginnt für Sie persönlich ein teurer Wein und woran erkennt man einen guten Wein?

Franziska Schätzle: Teuer ist für mich nur das, was zu wenig Genusserlebnis für das eingesetzte Geld bietet. Das können auch 5€ pro Flasche sein, wenn man danach nur noch Soße davon kochen kann. Ein wirklich guter Wein schmeckt jung schon sehr gut und wird mit der Zeit noch besser. Zudem haben gute Weine eine ausgewogene Balance zwischen Aroma, Fülle im Mund und Länge am Gaumen. Schließlich spüren Sie es, ob Ihnen der Wein gut tut.

Wer nicht weiß, welchen Wein man verschenken soll, greift gern zum Grauburgunder. Aus Ihrer Sicht eine gute Entscheidung oder nur Trend?

Franziska Schätzle: Für uns Kaiserstühler ist Grauburgunder kein Trend, sondern der typische, regionale Vertreter. Die natürliche Art des Grauburgunders mit seiner eher zurückhaltenden Aromatik, einer angenehmen Fülle am Gaumen und moderater Säure haben ihn aktuell zu Everybodys Darling gemacht. Wir arbeiten auch gemeinsam mit den Weinguts-Kollegen intensiv daran, das Qualitätsniveau insbesondere des Kaiserstühler Grauburgunders hoch zu halten, damit der Griff zum Kaiserstühler Grauburgunder noch lange ein Volltreffer bleibt.

Daniela Hiebel im Gespräch mit Franziska Schätzle Bilder: Franziska Schätzle

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